Das vom Eiszeitgletscher tragförmig ausmodellierte Tauferer Tal von Bruneck bis Sand in Taufers wird von der Ahr in weiten Schleifen durchzogen. Trotz umfangreicher Meliorierungen sind an zahlreichen Stellen Auwälder, Moorreste und mäandrierende Seitengräben erhalten geblieben. Sie tragen dazu bei, dass das Tauferer Tal heute das schönste und intakteste Flusstal Südtirols ist. Nicht zu unrecht galt die Ahr schon zur K. und K. und K. Zeit als bestes Äschengewässer der gesamten österreichischen Monarchie und auch heute noch zählt es zu den besten Mitteleuropas.
Das Gebiet besteht aus einer sehr abwechslungsreichen Vegetation und aus vielen verschiedenen Lebensräumen, wie ruhig fließendes Wasser, unverbaute Ufer und Erlenauen entlang der Ahr. Zudem sind breite Heckengürtel, Trockenmauern und Wiesen vorhanden, ebenso zahlreiche Bäche, einige Feuchtwiesen, dichte Schilfgürtel und Tümpel. Den seitlichen Abschluss der Talsohle bilden weite Nadelwälder, welche die steilen Berghänge hochziehen.
Der Eisvogel, Naturjuwel der Ahrauen
Die Ahrauen sind als wichtige Raststätte für Zugvögel bekannt. Besonders im Frühjahr, wenn sich eine Schlechtwetterfront am Alpenhauptkamm im Bereich der Zillertaler Alpen staut, können die Zugvögel ihre Reise nicht fortsetzen und müssen sich für mehrere Tage, oft sogar Wochen, hier niederlassen. In diesem Fall ist es für sie überlebenswichtig, eine ruhige, ungestörte Landschaft vorzufinden, nicht weniger als bis ein Weiterzug möglich ist. Ende Juni 2000 waren 62 Weißstörche unter den Fluggästen und im Frühjahr 1992 26 Kraniche, die sich 11 Tage lang im Gebiet aufhielten.
In den letzten Jahren konnten in den Ahrauen und im angrenzenden Gebiet 265 verschiedene Vogelarten beobachten werden! 124 Arten konnten bereits als Brutvögel festgestellt werden oder können zumindest regelmäßig zur Brutzeit beobachtet werden, darunter sind Eisvogel, Kleinspecht, Braunkehlchen, Zwergtaucher, Neuntöter oder Flussuferläufer. Bruterfolge dieser zum Teil von stark bedrohten Vogelarten lassen die Wichtigkeit dieses Gebietes erkennen.
Lebensraumvernetzung
Durch den Zusammenhang der Ahrauen mit verschiedene Biotopen und Schutzgebieten, wie den Georgener Mösern, dem Hochmoor Krähmoos oder dem Auenbachl, sowie mit dem Naturpark Rieserferner Ahrn und somit auch mit dem Nationalpark Hohe Tauern, bieten sie die besten Voraussetzungen für einen artenreichen Tier- und Pflanzenbestand. Einige Beweise dieser Artenvielfalt sind das Vorkommen der Gelbbauchunke, des Flusskrebs, der deutschen Tamariske oder der Blauflügelprachtlibelle. Hunderte Arten, die auf der „Roten Liste der gefährdeten Tierarten“ verzeichnet sind, finden hier noch eine ideale Zufluchtstätte.
Als Naturtreff Eisvogel setzen wir uns für die Erhaltung und Absicherung dieser Artenvielfalt ein. Durch eine genaue Artenerhebung möchten wir einerseits den Artenreichtum in diesem Gebiet dokumentieren, andererseits mögliche Gefahren für einzelne Arten rechtzeitig aufzeigen, um deren Erhalt auch für die Zukunft zu sichern. Bei Exkursionen und Infoabenden geben wir gerne, unser Wissen an Interessierte weiter und möchten möglichst viele für den „Naturschutz“ begeistern.
Die Gefahren unserer Auen
Trotz verschiedener Schutzvorschriften ist dieses Refugium vielfach gefährdet. Es gibt immer noch Bestrebungen, Wälder zu roden und Feuchtwiesen zu entwässern. Schotterwerke haben sich schrittweise auf Kosten der Natur ausgebreitet. Rücksichtsloser Sport- und Freizeitbetrieb gefährdet besonders während der Brutzeit die Tierpopulation. Im Besonderen sind es Wassersportarten (Rafting, Kajak, Hydrospeed, Canyoning), Flugsportarten (Paragleiten, Drachenfliegen, Modellfuggeräte, private Hubschrauber und Sportflugzeuge) rücksichtslose Naturfotografen, Hundehalter oder Naturgrige, welche oft ohne Rücksicht bis in abgelegenste Gebiete vordringen. Dabei werden Regeln und Gebote missachtet.
Es ist höchste Zeit an die Schaffung einheitlicher Ruhezonen in den Schutzgebieten zu denken.
Artenreichste Lebensräume
Intakte Au- und Flusslandschaften gehören zu den artenreichsten und wertvollsten Lebensräumen die die Natur zu bieten hat!
Wo die Dynamik eines freien Fließgewässers ungehindert wirken kann, entstehen Refugien für viele Tiere und Pflanzen. Viele Arten können nur überleben, wenn es vielfältige Gewässer- und Uferstrukturen gibt. Seltene Insekten, wie Wildbienen, Schmetterlinge, Libellen, gefährdete Amphibien, verschiedenste Säugetiere. Aber und auch unter Wasser kann an revitalisierten Flüssen eine neue Vielfalt entstehen, wo nicht nur gefährdete Fischarten eine sichere Heimat finden, sondern auch Krebse oder Muscheln.
Aulandschaften gehören zu den artenreichsten Lebensräumen dieser Welt. Tatsache ist aber auch: 80% jener Arten, die typisch für unsere Fließgewässer sind, stehen auf den Roten Listen der gefährdeten Arten. Den der Artenreichtum eines Auwaldes entwickelt sich nur dann, wenn der Fluss Architekt der Landschaft ist und nicht der Mensch.
Sicheres Grundwasser, sauberes Trinkwasser
Eines der Probleme regulierter Flüsse zeigt sich heute besonders deutlich: die Eintiefung der Flusssohle. Das heißt, die Flüsse graben sich immer tiefer in die Landschaft ein, bis zu zwei Meter und mehr. Dadurch sinkt aber auch der Grundwasserspiegel, Auwälder und Uferbereich trocknen aus. Dieser Umstand hat nicht nur für die Natur negative Folgen, sondern trifft auch direkt den Menschen, denn intakte Auwälder sind die billigsten und verlässlichsten Wasseraufbereitungsanlagen, die wir kennen: Sie nehmen Wasser auf, das in den naturbelassenen Auböden gefiltert und gespeichert wird. Die Revitalisierung unserer Flüsse ist auch aus diesem Grund eine Investition in die Zukunft: Sauberes Trinkwasser wird im dritten Jahrtausend zu den wertvollsten Rohstoffen dieser Welt gehören.
Flüsse brauchen Platz – Besserer Hochwasserschutz
Hochwässer sind natürliche Ereignisse, die für die Gewässerökologie eine bedeutende Rolle spielen: Sie gehören zur typischen und unverzichtbaren Dynamik jeder Aulandschaft und liefern einen wichtigen Beitrag zur notwendigen Anreicherung des Grundwassers.
Hochwässer können für den Menschen dann gefährlich werden, wenn Siedlungen in natürliche Überschwemmungsgebiete hinein gebaut werden und der Flusslauf derart eingeengt wurde, dass das Wasser vermehrt und schneller abfließt. Die Ahr verlor in den letzten 150 Jahren mehr als die Hälfte ihres ursprünglichen Flussraums. Deshalb setzt der moderne Wasserbau immer stärker auf den sogenannten passiven Hochwasserschutz. Und das bedeutet, den Flüssen jenen Raum in der freien Landschaft zu geben, den sie für den Rückhalt von Hochwässern brauchen. So kann man sicherstellen, dass die Wasserstände nicht zu hoch werden, sondern sich in die breite ausdehnen; ein wirksamer Schutz für flussabwärts liegende Siedlungen.
„Flusspark Ahrauen“ und „Natura 2000 “
Bereits heute stehen viele Augebiete unter Biotopschutz und die angrenzenden Landwirtschaftsflächen sind vielfach als Banngebiete zumindest vorläufig vor Verbauung geschützt. Erfolgreichster Schutzstatus ist jedoch das „ Natura 2000 – Netzwerk der Europäischen Union“. Natura 2000 ist die Bezeichnung für ein europäisches Schutzgebiet. Dieses wird von der Europäischen Union gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten eingerichtet. Zwei EU-Richtlinien, und zwar die Vogelschutzrichtlinie und die Habitat-Richtlinie, bilden dafür die Grundlage.
Das wesentliche Ziel der Vogelschutzrichtlinie und der Habitat-Richtlinie ist die Sicherung der Artenvielfalt in Europa durch Erhaltung der natürlichen Lebensräume, der wildlebenden Tiere und Pflanzen sowie der wildlebenden Vogelarten. Dabei sollen aber auch die wirtschaftlichen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden. Die Ahrauen wurden bis heute leider nur zum Teil als „Natur 2000 Gebiet“ ausgewiesen.